Das zentrale Forschungsziel des Bayerischen Geoinstituts ist, die Struktur, die Zusammen-setzung und die Dynamik des Erdinneren und erdähnlicher Planeten durch experimentelle Hochdruck-/Hochtemperatur-Untersuchungen der Erdmaterie zu verstehen. Der hier vorgelegte Bericht über die Aktivitäten des Instituts im vergangenen Jahr dokumentiert unsere Fortschritte auf diesem Weg. Der Erfolg wurde möglich durch die Innovationskraft der Forscher, die herausragende technische Unterstützung durch die Mitarbeiter und die finanzielle Unterstützung durch den Freistaat Bayern, deutsche Forschungsförderungs-Institutionen, die Europäische Union. Gemeinsam für alle Forschungsaktivitäten des Instituts ist das Prinzip der offenen Tür, mit dem alle Wissenschaftler ermutigt werden, ihre Forschungsprojekte und Kooperationspartner frei zu wählen und die verfügbare experimentelle oder analytische Ausstattung des Instituts für diese Zwecke zu nutzen. Die Wissenschaftler werden zur Erarbeitung und Durchführung eigener Forschungsprogramme ermutigt, um ihre frühe Selbständigkeit zu fördern. So entsteht eine Forschungsatmosphäre, die ganz offensichtlich das Innovationspotential stärkt und den Aufbruch unserer Doktoranden und Post-Doktoranden zu neuen Ufern fördert.
Im ersten Jahr des neuen Jahrtausend haben wir am Geoinstitut Wachstum und Veränderungen gesehen. Mehrere unserer erfahrenen Mitarbeiter wurden auf Professuren in anderen Institutionen in Deutschland und in den USA berufen. Diese zahlreichen Rufe beweisen das nationale und internationale Prestige des Instituts sowie die Qualität und Relevanz unserer wissenschaftlichen Arbeit. Der unvermeidliche Verlust talentierter Mitarbeiter vermindert nicht die Gesamt-Leistungskraft des Instituts sondern ermöglicht es, neue Talente anzuwerben, unsere Wissensbasis zu vergrößern und Forschungsansätze zu verbreitern. Damit werden neue Ideen und Fähigkeiten eingebracht, die unsere Vitalität in der wissenschaftlichen Arbeit erhalten. Wie in vorangegangenen Jahren ist es gelungen, begabte Wissenschaftler aus vielen Ländern anzuziehen, die Internationalität des Instituts zu betonen und die Mobilität von Mitarbeitern und Ideen zu fördern.
Wir freuen uns darauf, dass im kommenden Jahr eine neue Arbeitsrichtung mit dem Einsatz Laser-beheizter Diamantstempel-Zellen möglich wird, mit der wir tiefer in das Druck/Temperatur-Feld des unteren Erdmantels vorstoßen werden. Bei dieser Ausweitung der Aktivitäten bauen wir auf unsere existierenden Programme bei niedrigen Drucken und Temperaturen. Ein weiterer Wachstumsbereich ist die kooperative Forschung an der Synthese und Charakterisierung von Materialien, die potentielle wirtschaftliche oder kommerzielle Anwendungen haben. Hier stehen vor allem ultraharte Materialien, Halbleiter und Hochtemperatur-Supraleiter im Zentrum des Interesses.
Im vergangenen Jahr fand endgültig die Inbetriebnahme unserer experimentellen Verformungsapparatur statt. Zur Eingrenzung des Verformungsverhaltens im unteren Erdmantel haben wir die ersten genauen Untersuchungen über das mechanische Verhalten von (Mg,Fe)O durchgeführt, dem zweitwichtigsten Mineral dieser Zone der Erde. Mit unserer gasbetriebenen Verformungsapparatur haben wir Experimente unter mittlerer und hoher Beanspruchung durchgeführt. Für Gefügebestimmungen wurde die Methode der Beugung rückgestreuter Elektronen in unserem Rasterelektronenmikroskop angewandt. In Zusammenarbeit mit französischen Wissenschaftlern wurde in Experimenten an Hochtemperatur-Supraleitern der Einfluss von Dislokationen auf die Stabilisierung der Supraleitung untersucht und das Verhalten von 'Quasi-Kristallen' bestimmt. Weitere Themen sind die Untersuchung partiell oder vollständig aufgeschmolzener Proben und die Verformung multiphaser (aus mehreren Mineralen bestehender) Aggregate bei hoher Beanspruchung, wie sie für Scherzonen typisch ist.
Neben den Mitarbeitern und Doktoranden des Instituts führen zahlreiche Besucher aus der ganzen Welt mit Hilfe der Einrichtungen des Bayerischen Geoinstituts und mit finanzieller Unterstützung von deutschen, europäischen und verschiedenen anderen ausländischen Geldgebern ihre Projekte in Bayreuth durch. Besonders erwähnenswert sind die jeweils dreimonatigen Aufenthalte der beiden Alexander-von-Humboldt-Preisträger Prof. Jean-Paul Poirier und Prof. Takehiko Yagi, die Forschungsarbeiten gemeinsam mit Institutswissen-schaftlern durchführten. Die Wechselwirkung zwischen diesen erfahrenen Wissenschaftlern hoher internationaler Reputation mit unseren Wissenschaftlern erzeugt eine hervorragende Umgebung für deren Ausbildung und Entwicklung.
Im vergangenen Jahr wurde auch unser EU-Vorhaben 'Access to Research Infrastructures' erneuert. Zahlreiche Bewerbungen nicht-deutscher Europäer auf Förderung aus diesem Programm gingen ein. Die Antragsteller decken ein breites Spektrum von Fachgebieten ab, das von den Geowissenschaften über die Physik und Chemie bis zu den Materialwissenschaften reicht. Die Wissenschaftler des Geoinstituts sind zudem in weitere EU-TMR-Netzwerke eingebunden, die die Mobilität junger Forscher innerhalb der Euopäischen Union fördern.
Meine Kollegen und ich möchten dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, und der Kommission für Geowissenschaftliche Hochdruckforschung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften unseren Dank für ihre fortwährende Unterstützung des Bayerischen Geoinstituts aussprechen. Wir sind auch für die großzügige Förderung durch externe Geldgeber dankbar, insbesondere der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, der Europäischen Union und der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die ebenfalls wesentlich zur Entwicklung und zum Erfolg des Bayerischen Geoinstituts beigetragen haben.
Bayreuth, March 2001 | Stephen J. Mackwell |